ZEITLICHES KONZEPT
Der prozessuale Charakter des Projektes unterstützt die Entwicklung des Ortes, indem er der Zeit als Planungsparameter eine wichtige Rolle zukommen lässt. Die vorgefundenen Strukturen bilden den Rahmen für eine dynamische Entwicklung, die eine gewisse Offenheit und Ungewissheit für die Zukunft bewusst zulässt. Die vorhandenen Gebäude und die Erschließungsstruktur werden dabei pragmatisch als Ausgangspunkt für das Weiterbauen und die programmatische Transformation genutzt. Es wird vorgeschlagen, den Rückbau zeitlich so zu staffeln, dass der Gebäudebestand temporär zwischengenutzt und das Abbruchmaterial zur Modellierung des Landschaftsraums verwendet werden kann. So können die bestehenden Hallen und Gebäude temporär als wettergeschützte Treffpunkte, Werkstätten oder Lager dienen und so dazu beitragen, das Gebiet baldmöglichst nutzbar und als einen Teil der Stadt und des öffentlichen Grünraums erlebbar zu machen. Insbesondere die bestehende Infrastruktur weist im Zusammenhang mit ihrer ehemaligen Nutzung Besonderheiten auf, die im weiteren Prozess eine Rolle spielen können. Die rigide Unterteilung des Freiraumes in gleichartige, rechteckige Parzellen erzeugt ein Raster, das vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten bietet. So wird im Bereich des zukünftigen Grünzugs vorgeschlagen, die aus Betonplatten bestehenden Transportwege zur Strukturierung informeller Freizeitangebote (Urban Gardening, Trendsportarten, Kunst- und Kulturinitiativen) zu nutzen. Im Bereich der zukünftigen Bebauung können sie temporär der Baulogistik dienen. Neben dieser pragmatischen Weiterverwendung, die auch aus ökologischen Gründen (graue Energie) sinnvoll erscheint, bleibt die Struktur so in der freiräumlichen und städtebaulichen Struktur auch langfristig rudimentär ablesbar und würdigt den Standort als historisch relevantes Ex-Militärgelände. Der Vegetation kommt dabei die Rolle zu, diesen Prozess zu begleiten und zu inszenieren. Durch den prozessualen Ansatz kann bereits frühzeitig mit der Anlage von Gehölzflächen begonnen werden. Hierbei werden Sukzessionsstrategien und forstwirtschaftliche Praktiken genutzt: Durch die Verwendung schnellwachsender Pioniergehölze können in kurzer Zeit räumliche Wirkungen erzeugt werden. Diese werden dann im Zuge der weiteren Entwicklung durch Förderung von Klimaxbaumarten in nachhaltige Grünstrukturen umgewandelt. Im Bereich der Kasernengebäude wird ein Bestandsgebäude in ein grünes Bauwerk transformiert, um den Wandel von der militärischen Nutzung des Areals zu einem öffentlichen Freiraum zu unterstreichen.

LEITIDEE
Der Entwurf verbindet eine starke räumliche Leitidee mit einem zeitlich-konzeptionellen Ansatz. Auf diese Art wird ein identitätsstiftender Rahmen geschaffen, der auch Raum lässt für ein partizipatives Mitgestalten und die Einbindung vegetativer Dynamiken.

STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Das Ensemble der ehemaligen Pionier-Kaserne wird weiterentwickelt und im Osten durch den Betriebshof ergänzt, sodass der räumliche Rahmen für die Entstehung eines Kreativquartiers gebildet wird. Die U-Halle soll teilweise erhalten bleiben und als kulturelles Zentrum des Quartiers dienen. Der nördliche Flügel wird aufgrund der Frischluftschneise gekürzt, wobei das Dach zur Schaffung eines überdachten Freiraums erhalten bleiben soll. Der südliche Flügel wird ebenfalls gekürzt, um eine räumliche Verbindung zum Kreativquartier zu schaffen. Der Entwurfsansatz der neu zu entwickelnden Quartiere verfolgt das Ziel, einen angemessenen Anteil von Wohnraum mit besonderen Charakteristiken für Menschen unterschiedlicher Bedürfnisse zur Verfügung zu stellen. Nicht nur Familien, sondern auch Alleinstehende, junge kinderlose Paare, Wohngemeinschaften, ältere und behinderte Menschen suchen Wohnraum in Mannheim. Das Angebot versucht auch deren Bedürfnisse zu berücksichtigen, um somit eine interessante und stabile Mischung der Bewohnerschaft zu erreichen. Im Nordwesten folgt die Bebauung der vorhandenen Rasterstruktur. Die vergleichsweise schmalen und langen Parzellen sind für standardisierte Wohntypologien wenig geeignet und erfordern experimentelle Entwurfsansätze. Die dargestellten Bautypen zeigen mögliche Lösungen auf, die sich insbesondere für Baugruppen und Baugenossenschaften anbieten. Die partiell höhere Verdichtung lässt hier ein urbanes Raumgefühl entstehen, das im Kontrast zur großen Weite des Grünzugs steht. Die südlichen „Köpfe“ der Baufelder am Park aktivieren mit Sondernutzungen in den Erdgeschossen den Übergang zum Grünraum. Die offene Baustruktur im Norden schafft eine starke Beziehung der Bewohner zum Park und lässt möglichst viele Menschen von dessen Qualitäten profitieren. Die Gebäude sind in Ensembles angeordnet, die über eine differenzierte Struktur privater, halböffentlicher und öffentlicher Räume einen besonderen freiräumlichen Übergang zum Park schaffen. Die Körnung der Gebäude orientiert sich an der bestehenden Bebauung und schafft große Flexibilität bei der Wahl des Wohnungstyps. Im Nordosten wird die bestehende Bebauung partiell ergänzt und durch eine lockere Kette von kompakteren Baukörpern zum Park hin abgeschlossen. Die Gebäude mittlerer Größe schaffen mit flexiblen Raumstrukturen erschwinglichen Wohnraum für junge Familien oder ermöglichen die Kombination von Wohnen und Arbeiten. Auch hier bespielen abschnittsweise aktive Nutzungen in den Erdgeschossen die Promenade am Park.

LANDSCHAFTSRÄUMLICHES KONEZPT
In einem Raum, dessen einzige landschaftliche Determinante bislang die Leere und die Offenheit war, gilt es, einen neuen, landschaftlichen und robusten Rahmen für stetigen Wandel zu schaffen. Was liegt näher, als sich an den Landschaften zu orientieren, die diesen Raum seit Urzeiten geprägt haben: den Flusslandschaften des Neckars und des Rheins. Die Flussmäander mit ihren Prall- und Gleitufern findet man seit der Industrialisierung und der Schiffbarmachung nur noch in Rudimenten. Diese wenigen Rudimente sorgen für die landschaftliche Identität des Raums in und um Mannheim. Ausgehend von der Gegensätzlichkeit der Ufer, wird der offene Raum für den Frischluftfluss in die Innenstadt von zwei gegensätzlichen Räumen geprägt: Einem Gehölzsaum auf der Prallseite des Frischluftflusses, die sich auch in der Topographie abzeichnet und einen differenzierten Wildstaudensaum mit einzelnen Gehölzen auf der Gleitseite. Dieses Gestaltungskonzept bindet übergangslos an den freigelegten Altarm des Neckars an. Der Promenadenweg durch den gesamten Landschaftsraum erschließt diese Eindrücke für die Besucher.

LANDSCHAFTSGESTALTERISCHES KONZEPT
Die Gestaltung der Landschaft und der Freiräume baut auf drei einfachen Prinzipien auf: Das erste ist die Verbindung des neuen Parks mit der Stadt. Aufgrund der militärischen Nutzung waren diese Verbindungen bisher unterbrochen und nun können die Wegeverbindungen aus der Stadt in den Park direkt hineingeführt werden. Die Wege schneiden durch den Park, sie verbinden und vernähen die früher militärisch getrennten Teile der Stadt. In den Übergangsbereichen zwischen Stadt und Park ist ein zweites Prinzip erkennbar. Die militärische Ordnung der Räume wird nicht komplett geschliffen, sondern in ein neues stadträumliches und soziales Modell überführt, eine Metamorphose findet statt. Das dritte Prinzip leitet sich aus einem Modell ab, das die Stadt in Teilen des Gebiets schon prak-tiziert und das hier als Vorbild für die Weiterentwicklung des Areals dient: Intensive landwirtschaft-liche Nutzflächen blieben in Innenstadtnähe bewahrt. Gleichzeitig jedoch findet eine Überlagerung dieser Flächen mit wichtigen ökologischen Verbindungsbausteinen statt. Dieses Prinzip der Über-lagerung schafft nun neue Übergänge zwischen Park und Kleingärten, zwischen in Vereinen organisiertem Sport und informellen Sportangeboten und zwischen alter und neuer Flusslandschaft.